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Reisetipps Oristano: Archäologie und mehr an der Westküste Sardiniens

Oristano mit seinen gut 30.000 Einwohner liegt relativ mittig an der Westküste Sardiniens und hat ein hübsches, zum Bummeln einladendes Stadtzentrum. Die Stadt liegt in der fruchtbaren Campidano-Ebene, die dank des hier in das Meer mündenden Flusses Tirso als landwirtschaftliches Zentrum Sardiniens gilt.

Oristano, das auf sardisch auch als Maristanis oder Aristanis, hat eine lange und wechselreiche Geschichte: als Nachfolger der antiken, direkt am Meer liegenden Stadt Tharros, die ab dem 9 Jh. ein wichtiges phönizisches Handelszentrum war, wurde Oristano 1070 schließlich Hauptstadt des Judikates Arborea. Dieses kontrollierte gut 300 Jahre lang halb Sardinien, und Oristano wurde dementsprechend ein wichtiges kulturelles und kommerzielles Zentrum der Insel. Dieser Einfluß schwand ab 1409 und endete 1478, als Sardinien von den Spaniern erobert wurde.

Oristano ist ein noch eher unbekanntes Urlaubsziel auf Sardinien, obwohl es nah zum Meer und zu den schönsten Stränden in der Umgebung liegt und viele abwechslungsreiche archäologischen Sehenswürdigkeiten und Museen bietet. Gleichzeitig liegt es strategisch günstig zu allen Fähr- und Flughäfen der Insel, ist also mit dem Auto in 1 bis 2 h gut erreichbar.

Giganten vom Mont’e Prama im Museum in Cabras

Giganten von Mont’e Prama Sardinien

Weniger als zehn Autominuten von Oristano entfernt liegt der Ort Cabrashttps://www.sardinianatour.com/de/urlaubsziele-west-sardinien/cabras/, in dessen Nähe vor gut 50 Jahren die Nekropole Mont’e Prama und unter anderem rund 5.000 Bruchstücke der imposanten Giganten vom Mont’e Prama entdeckt wurden. Hierbei handelt es sich um jetzt wieder teilweise zusammen gesetzte bis zu 2,5 m hohe Sandsteinskulpturen aus der prähistorischen Nuraghenzeit die geschickte und mutige junge Männer darstellen. Sechs der restaurierten Statuen sind heute im Archäologischen Museum von Cabras zu bewundern, es handelt sich um drei Boxer, zwei Bogenschützen und einen Krieger. Weitere Statuen können im Archäologischen Museum in Cagliari bewundert werden.

Die Boxer sind dabei die beliebtesten Statuen der Museumsbesucher: sie sind mit nacktem Oberkörper dargestellt und schützen sich mit einem Schild, den sie mit der linken Hand über ihren Kopf halten. Die Bogenschützen hingegen tragen eine Tunika, einen Schutz auf der Brust und einen Helm auf dem Kopf, wobei der linke Arm den Bogen hält, während der rechte nach vorne gestreckt ist. Die Krieger tragen wie die Bogenschützen eine kurze Tunika und einen gehörnten Helm, haben aber an ihrem Unterarm einen kreisförmigen Schild befestigt, mit dem sie sich schützten.

Die Studien zum Ursprung und zur Geschichte der Nekropole von Mont’e Prama sind noch nicht abgeschlossen. Gegenwärtig geht man jedoch davon aus, dass die Nekropole der Begräbnisplatz einer wichtigen Familien gewesen sein könnte, die in der nuraghischen Zivilisation der frühen Eisenzeit eine dominierende Stellung innehatte.

Die antike Stadt Tharros direkt am Meer

Ruinen der antiken Stadt Tharros auf Sardinien

Die antike Stadt Tharros galt schon immer als Kreuzungspunkt von Kulturen und Völkern, die sich hier dank seiner strategisch günstigen Position direkt am Meer zu Geschäfts- und Handelszwecken trafen. Tharros liegt bei San Giovanni di Sinis in der Nähe der Landenge von Capo San Marco und wurde im 8. Jh. v. Chr. von Phönizier gegründet, die sich in diesem Gebiet niederließen. Tharros war bereits in der Nuraghenzeit bewohnt, wie die Überreste von Su Murru Mannu, einem frühgeschichtliche Dorf der Bronzezeit, und die Nuraghen-Ruinen in der Nähe des spanischen Turms von San Giovanni und Capo San Marco zeigen. Nach den Phöniziern wurde die Stadt von den Puniern und dann von den Römern übernommen.

Wenn Sie die Ruinen von Tharros besichtigen, werden Sie phönizischen Kultstätten, die sogenannten Tophets, und Kammergräber, die typisch für die karthagische Zivilisation sind, entdecken. Das Wahrzeichen von Tharros sind sicher die beiden (rekonstruierten) weißen Säulen des Tetrastyle-Tempels, die hoch in den blauen Himmel aufragen. Schließlich zeugen die drei Kuranlagen in Meeresnähe von der großen Pracht der römischen Bevölkerung, die sich nach dem ersten punischen Krieg in dieser Gegend niederließ. Aufgrund der anhaltenden Piratenangriffen wurde die Stadt schließlich vollständig aufgegeben, und das nahe Oristano wurde nun Hauptstadt des Judikates.

Die archäologischen Funde aus Tharros werden heute in drei Museen ausgestellt: im Museum Giovanni Marongiu in Cabras, im Antiquarium Arborense in Oristano und sogar im British Museum in London (hierbei handelt es sich um insgesamt 1.430 Fundstücke punischen Ursprungs, darunter Gold- und Silberschmuck, Skarabäen und Töpferwaren).

Sehenswertes in Oristano

Stadtmauer in Oristano Sardinien

Ein Spaziergang durch Oristano kann nur an der lebhaften Piazza Roma beginnen, dem Zentrum des Stadtlebens, in dessen Mitte sich eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt befindet, der berühmte Mariano-Turm aus der Zeit des Judikates und damals nördliches Tor zur Stadt. Weitere Spuren aus dieser Zeit sind der Portixedda-Turm, der einen weiteren Eingang darstellte, und die Überreste der mittelalterlichen Mauern, die ganz Aristanis schützte.

Das wichtigste religiöse Gebäude der Stadt Oristano ist die Kathedrale Santa Maria Assunta, Mutterkirche der Erzdiözese Arborense. Sie wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrmals restauriert und vereint heute eine Vielzahl von Stilrichtungen der europäischen Kunstgeschichte.

Eine weitere bemerkenswerte Kirche ist die Chiesa del Carmine, die 1785 im Rokoko-Stil erbaut wurde und als eine der wichtigsten Vertreterinnen dieser Stilrichtung auf Sardinien gilt. Bemerkenswert auch das angrenzende Karmeliter-Kloster.

Einen Besuch wert ist sicher das bereits erwähnte Museum Antiquarium Arborense, die Kunstgalerie Carlo Contini und das Museum der Diözese. Das Antiquarium Arborense ist das wichtigste Museum in Oristano und stellt unter anderem archäologische Funde aus der gesamten Region, darunter auch Fundstücke aus der Stadt Tharros aus.

Die Kunstgallerie Carlo Contini, untergebracht im antiken Hospitalis Sancti Antoni, beherbergt eine permanente Sammlung bedeutender sardischer Künstler wie Carlo Contini, Maria Lai und Giuseppe Biasi, es finden aber auch interessante Wechselausstellungen statt. Im Museum der Diözese werden schließlich die unschätzbare Schätze der Erzdiözese Arborense gezeigt, darunter einige archäologische Funde und eine wichtige numismatische Sammlung.

Tipps zum Übernachten

Egal ob Sie im Norden, im Osten, im Süden oder an der Westküste urlauben: Ein Tagesausflug nach Oristano lohnt sich allemal, wenn Sie etwas mehr über die prähistorische Geschichte Sardiniens wissen möchten. Und wer länger hier verweilen möchte, der sollte unbedingt die abwechslungsreichen Strände in der näheren Umgebung besuchen.

In und um Oristano und Cabras kann man übrigens auch gut Rad fahren, da diese fruchtbare Ebebe relativ flach ist. Einige Unterkünfte in der Umgebung bieten deshalb auch eine Fahrradverleih an und Informationen zu den schönsten Touren, um die Umgebung ausgiebig zu erkunden.