Ein befreundetes Paar, gerade von einer kurzen Frühlingskreuzfahrt auf dem Segelboot im Süden Sardiniens zurückgekehrt, erzählte uns voller Begeisterung von den zauberhaften Orten und faszinierenden Stätten, die es gesehen hatte, und von der Gastfreundschaft der Sarden.
In Cagliari feiert man den Schutzpatron Sant Efisio in einer farbenfrohen Prozession
Ganz besonders beeindruckt allerdings waren sie von einer religiösen Prozession, die am 1. Mai in Cagliari, einer über zahlreiche Hügel verteilte, lebhafte und moderne Stadt im äußersten Süden der Insel, stattfindet und dort bereits seit rund 400 Jahren gefeiert wird. Das farbenprächtige Spektakel, zu dem Besucher und Teilnehmer der ganzen Insel strömen und ihre schönsten antiken Trachtenkostüme tragen, wird im Herzen der Inselmetropole zu Ehren des Schutzpatrons Sant’Efisio veranstaltet. Diese Prozession, auch Sagra genannt, erinnert an das Gelübde, dass die Stadt Cagliari 1655 ihrem Schutzpatron ausgesprochen hatte, als er die Inselbewohner vor der Pest rettete.
Entdecken Sie mit einem Segeltörn den Süden Sardiniens
Für Segelfreunde und solche, die die Traditionen und die Kultur der verschiedensten Länder entdecken möchten, organisiert die Shardana – Le Porte del Mare genau solche Kreuzfahrten, wie unsere beiden Freunde sie beschrieben hatten. Der Segeltörn findet Ende April – Anfang Mai statt und die Teilnehmer können die Sagra di Sant‘ Efisio besuchen und sich an den Farben und der Tradition und der Gastfreundschaft der Inselbewohner erfreuen.
Die viertägige Kreuzfahrt ist natürlich gut organisiert: Für den 30. April ist die Ankunft am Flughafen Cagliari vorgesehen. Hier empfängt uns die Insel Sardinien mit einer leichten und erfrischenden Mistral-Brise, welche die Luft klar macht und die Farben, die uns umgeben, stärker hervor hebt.
Es ist vielleicht nicht das erste Mal, daß wir Sardinien als Urlaubsziel auserkoren haben, aber der Eindruck dieser Insel im Weiten Grünen Meer – Isola nel Grande Verde – wie die alten Ägypter dieses Mythen-umwobene Land im Herzen des westlichen Mittelmeers zu nennen pflegten, hinterlässt jedes mal einen atemberaubenden Eindruck.
Der Chauffeur braucht für die rund 8 km vom Flughafen in das Stadtzentrum Cagliaris nur wenige Minuten. Hier im Yachthafen, direkt an der lebhaften Promenade der Via Roma und nur einen Steinwurf von den Haupteinkaufsstraßen der Stadt entfernt, liegt unsere 24 m lange Segelyacht, die uns in den nächsten Tagen beherbergen wird, vor Anker.
Die gepflegte Yacht wartet mit 4 komfortablen Kabinen auf, jede natürlich mit eigenem Bad mit Dusche. Der große Salon bietet Platz für bis zu 8 Personen, aber außer uns ist diesmal – außerhalb der Saison – nur noch ein anderes Pärchen aus Frankreich an Bord.
Tauchen Sie ein in die farbenfrohe Sagra di Sant’Efisio
Um neun Uhr morgens nehmen wir unsere Tribünenplätze ein, die nicht 200m von unserem Bootsanliegeplatz entfernt liegen. Für uns sind beste Plätze reserviert: Der Festzug kommt nach einer kleinen Rechstkurve direkt auf uns zu und zieht nur ein paar Meter entfernt an uns vorüber. Heute ist ein leuchtender Tag und die Sonnenstrahlen, die die Tribüne streifen, sind angenehm mild. Die Straßen füllen sich mit fröhlichen Menschen in bester Festtagslaune. Es sind auffallend viele junge Menschen und Kinder dabei. Der Festzug wird für 4 Stunden an uns vorbeiziehen, aber die Festlichkeiten dauern 2 ganze Tage. Unsere französischen Weggenossen werden wie auch wir vom Fest leidenschaftlich mitgerissen.
Wir hören Applaus in der Ferne, ein Zeichen dafür, daß der Festzug näher kommt. Und plötzlich ein Meer von Tönen und Farben, ein tief eindringendes Bild, das mitreißt. In der Kurve erscheinen die ersten “traccas”, (vongeschmückten Bullen gezogene Wagen).
Jeder der Wagen ist eine Bühne aus Blumen, Tücher. Sie sind bestückt mit Körben gefüllt mit Weizenkörnern, Oliven, Küchlein aus Mandeln, Handwerkserzeugnissen und den typischen Köstlichkeiten der Insel. Auf den Wagen sitzen Männer und Frauen mit prachtvollen und für die einzelnen Dörfer, aus denen sie stammen, typischen Trachtenkleider; Die ersten Reihen tragen streng gehaltene Trachten, die auf den Stolz und die Würde des sardischen Volkes verweisen, ein Volk, das an ein karges und raues Leben gewöhnt ist. Die Trachten der Frauen sind farbenprächtiger und reicher betickt als die der Männer. Die Kleider sind mit filigranen Gold- und Silberbroschen und Korallenperlen bestückt. Die Frauen auf den Wagen streuen Blumenblüten in die Menge, die in nur kurzer Zeit den grauen Asphalt in einen weichen, buntfarbigen Teppich verwandeln. Ein Wagen folgt langsam dem anderen, jeweils mit den traditionellen Symbolen und den Farben der Dörfer geschmückt. Sie halten auch direkt vor uns und so haben wir die Möglichkeit, die Szenen aufmerksam und hautnah zu erleben.
Der Festzug geht weiter: nach den Wagen kommen die Frauen, Männer und Kinder, die die vielen Dörfer aus dem Landesinneren Sardiniens vertreten. Sie tragen die Trachten ihres Dorfes, bieten den Festgästen an den Straßenrändern traditionelle Süßigkeiten und streuen die religiösen Gebete singend Blumenblüten unter die Menge.
Dann kommen die Reiter aus der Region des „Campidano“ (einer weiten und fruchtbaren Ebene nördlich der Stadt). Ihre Pferdesättel sind reich mit Kokarden geschmückt. Ihnen folgen die Milizsoldaten, die „Miliziani“, eine bewaffnete Eskorte, die schon immer die Statue des Heiligen bis zur Stadt Nora (30 km entfernt von Cagliari), zum Ort seines Märtyriums begleiten.
Und wieder ziehen die Wächter, die “Guardiani”, vorbei. Sie tragen einen schwarzen Frack, Zylinder und ein blaues Streifenband. Sie begleiten den “l’Alter Nos”, den höchsten Repräsentanten der Stadt.
Die Mitglieder der Erzbruderschaft, die ’Arciconfraternita del Gonfalone” begleiten auf einem Meer von Blütenblättern laufend und die Klängen der Launeddas, einem traditionellen sardischen Blasinstrument mit Einfachrohrblatt lauschend, die Kutsche mit dem Götzenbild des Heiligen.
Jetzt erreicht der religiösen Teil des Festes seinen Höhepunkt. Die Gläubigen versammeln sich um die Statue des Heiligen, die vor der Bühne der Stadtobersten ihren offiziellen Gruß erhält, bevor sich der Festzug, gefolgt von einer Gruppe der Gläubiger zu Fuß nach Nora begibt.
Die Martinshörner, der im Hafen vor Anker liegenden Schiffe ertönen, den Heiligen grüßen; das Fest ist zu Ende, es ist jetzt fast um 15.00 Uhr. Die Menge löst sich langsam auf, aber wir bleiben noch einen Moment auf unserer Tribüne sitzen.
Wir waren bei der Prozession dabei, die wohl zu den suggestivsten in Europa zählt. Und abgesehen von der religiösen Bedeutung des Festes sind wir heute mehr denn je davon überzeugt, daß auf dieser Insel die Traditionen nicht vergessen sind und auch im modernen Leben stets auf’s Neue mit Stolz und mit Blick auf die eigenen Wurzeln gelebt werden.
Diese Menschen, auch die jungen Leute, sind mit den Traditionen ihrer Väter und Großväter vertraut. Das sieht man in den Gesichtern der Personen, die uns umgeben, und man spürt es durch den Applaus, im Lachen, im Gesang, den Rhythmen der Tänze und den Tönen der Launeddas, die den Festzug begleiten.
Wir kehren auf unser Boot zurück und alles ist für die Abfahrt bereit. Wir verlassen langsam die Mole und von Nordwest kommt eine frische Brise von ungefähr 20 Knoten auf. Der Golf von Cagliari ist ein Küstenabschnitt mit wirklich „besonderen“ Winden, ein geradezu idealer „Spot“ für alle Regatten.
Text und Foto: Sardinia Natour
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